Wenn wir auf die Peitsche verzichten ...

"Wenn wir auf die Peitsche verzichten müssen, verzichten wir darauf, zu erziehen."*

Dieses deutsche Erziehungsmotto, das noch bis in die zweite Hälfte des vorigen Jahrhunderts galt, wurde auf den Arbeitsmarkt übertragen und mit Hartz IV umgesetzt.    In einer schriftlichen Stellungnahme des Bundesministeriums SA (für Soziales und Arbeit) an Prof. Dr. Helga Spindler vom Aktionsbündnis für ein Sanktionsmoratorium im Februar 2010 heißt es:

"Der Verzicht auf die Anwendung der Sanktionsregeln [also der 'Peitsche'] wäre gleichbedeutend mit der Aufgabe des Grundsatzes von Fördern und Fordern [also der 'Erziehung']."

So begründet das Ministerium von Frau Von der Leyen die Aufrechterhaltung des Sanktionsregimes und führt weiter aus: "Die gesellschaftliche Akzeptanz eines von der Allgemeinheit getragenen Fürsorgesystems wäre in Frage gestellt. Eine Aussetzung der Anwendung des § 31 kommt daher nicht in Betracht."

Die Verantwortung für das Sanktionsregime soll demnach die Gesellschaft tragen. Was muss es da für eine Sternstunde gewesen sein, als die Prügelstrafe nach dem Gebot der Menschlichkeit und Lernfähigkeit abgeschafft wurde, ohne Rücksicht auf die Befindlichkeit der Gesellschaft, die noch immer von der Bibel geprägt ist, in der es im Alten Testament (5 Moses 21, 18) z.B. heißt: "Wenn jemand einen eigenwilligen und ungehorsamen Sohn hat, der seines Vaters und seiner Mutter Stimme nicht gehorcht, und wenn sie ihn züchtigen, und er dennoch nicht auf sie hört, dann sollen ihn seine Eltern ergreifen und vor die Stadtältesten zum Gerichtstor seines Ortes bringen. Sie sollen zu den Ältesten sagen: Unser Sohn ist störrisch und widerspenstig, er gehorcht uns nicht, ist verschwenderisch und zecht. Dann sollen ihn alle Ältesten seiner Stadt steinigen, so dass er sterbe. So sollst du das Böse aus deiner Mitte ausrotten, und ganz Israel soll es erfahren, damit sie sich fürchten."

Mit einer solch biblischen Mentalität im Hinterkopf wird die Hartz-IV-Politik betrieben, ungeachtet der Menschenrechte - und viele sind auf die Werbung hereingefallen, die uns weismachen will, die Zeiten ohne Schutz der Menschenrechte lägen hinter uns, dabei wird die Verletzung der Menschenrechte von den Behörden nur geleugnet und gleichzeitig wird mit dem Anstieg der Sanktionen geprahlt - Sie wissen schon: Wegen der gesellschaftlichen Akzeptanz, und die wird an der Reaktion der Medien abgelesen. Doch wie kommt es, dass die Medien dieser faschistoiden Politik überwiegend die Stange halten? Natürlich, wegen der gesellschaftlichen Akzeptanz, und wenn die meint, wir hätten genug von den Menschenrechten, dann lässt man das eben.                  

(*Das deutsche Erziehungsmotto hat die Friedenspädagogin Maria Montessori in ihrem Buch Das kreative Kind auf Seite 230 in Erinnerung gerufen)